Im Entführungsfall Anglesey ging es nicht um eine gewaltsame Entführung oder eine Form des Kinderhandels. Es ging um eine verzweifelte Mutter aus Deutschland, die ihr Kind aufgrund einer ungerechtfertigten Fremdunterbringung zu verlieren drohte und es vor einer Missbrauchssituation schützen wollte. Nach Ansicht des Richters war der Missbrauch erfunden, aber dann tauchte die Akte in Deutschland auf …
Teil 2 über den Entführungsfall in Anglesey:
Einige Berichte über die Entführung in Anglesey erschienen im Herbst 2020 in der britischen Presse: “Kind mit Messer entführt, bevor es von bewaffneter Polizei auf der Autobahn gerettet wurde”. Angeblich handelte es sich dabei um falsche Missbrauchsvorwürfe: “Vater des entführten Kindes fälschlicherweise als ‘Pädophil’ und ‘satanischer Ritualmörder’ von Bande Kindesentführern bezeichnet”.
Dass es in dieser Geschichte eine verzweifelte Mutter und ein in Pflegefamilien untergebrachtes Kind betrifft, in der die Mutter zu Recht davon ausging, dass ihr Sohn missbraucht worden war, und dass dieses eine zentrale Rolle bei dem Plan zur Rettung ihres Kindes spielte, wurde verschwiegen. Das Familiengericht in Wales verhängte in diesem Fall eine‚ ‘Section 45-Klausel‘, die besagt, dass die Identität des Kindes nicht bekannt gegeben werden darf, bevor es 18 Jahre alt ist. Aus diesem Grund wollte man nicht offenlegen, wer die Mutter des Kindes war und welche Rolle sie bei dem Entführungsplan gespielt hat, während es in der Berichterstattung ausgereicht hätte, die Nachnamen der Täter wegzulassen.
Infolgedessen berichtete die Presse nur die Hälfte der Geschichte. Im Entführungsfall von Anglesey ging es nicht um eine gewaltsame Entführung, sondern um eine verzweifelte Mutter, die ihr Kind um jeden Preis schützen wollte. Der Fall verdeutlicht, wie die überzeugenden Aussagen des Kindes über sexuellen und satanischen rituellen Missbrauch (SRM) nicht zu umfassenden polizeilichen Ermittlungen führten und vom Gericht im Strafverfahren gegen die ‚Entführer‘ nicht als mildernde Umstände berücksichtigt wurden. Dieser Fall ist ein Beispiel für ein korruptes System, in dem die Sozialdienste und der Kinderschutz das Kind nicht geschützt haben.
Das Dossier befindet sich in den Händen mehrerer Journalisten
In weiser Voraussicht hat Mutti1 das Dossier vor der Entführung sichergestellt. Diese Akte ist nun durchgesickert und in die Hände mehrerer ausländischen, namentlich deutschen Journalisten gelangt. Sie enthält Zeugenaussagen des Kindes, darunter Kinderzeichnungen und mehrere Untersuchungsberichte. Der Umfang und die Details dieser Beweise machen deutlich, dass Mutti allen Grund hatte, davon überzeugt zu sein, dass ihr Kind missbraucht wurde.
Auf den Kinderzeichnungen schrieb der damals 6-jährige Junge in großen Buchstaben, oft phonetisch buchstabiert, was in seinem Leben vor sich ging. Er zeichnete Monster, wie „daddey” (Papa) als Werwolf, Krokodil oder Gespenst und andere Monster, dargestellt mit Erektion, Ejakulation und Szenen, in denen man das Kind im Bett belagert, an die Treppe fesselt oder die Stufen hinuntertritt. „Papa steckt seinen Pimmel in meinen Mund und gibt mir eine Menge Schleim in den Mund“, sagte er. Das Kind berichtete, dass der Vater ihm Tabletten, Injektionen oder Alkohol gab oder es zwang, Fäkalien zu essen und Urin zu trinken. Der sexuelle Missbrauch verursachte manchmal Blutungen und führte in einem Fall zu einem Besuch in der Notaufnahme.2
Kinderzeichnungen „ernster und drastischer Natur”
Anfang 2020, als die Ermittlungen zu den Missbrauchsvorwürfen mit unter anderem Sozialdiensten und einem Psychologen bereits seit einiger Zeit liefen, beschlagnahmte die Polizei 60 Zeichnungen. Mutti schrieb an eine Vertrauensperson, dass es sich um „Farbzeichnungen ernster und drastischer Natur“ handelte, die „die Polizei nicht freigibt“. In der Sorgerechtssache war der Richter zu dem Schluss gekommen, dass die Mutter ihr Kind zu den Zeichnungen und Aussagen ermutigt hätte. Aber Muttis Sohn Boy1 lebte zu diesem Zeitpunkt bereits seit neun Monaten in einer Pflegefamilie.
Aus der Korrespondenz geht hervor, dass Boy seiner Mutter und seiner regelmäßigen Babysitterin seit 2018 von dem Missbrauch erzählt hat. Mutti hat auf Anraten des Kinderpsychiaters ein Gerichtsverfahren eingeleitet, um den Kontakt mit dem Vater zu verbieten, “da ich ernsthafte Sorgen um die Sicherheit von Boy habe”, schrieb sie. Der Richter entschied jedoch, dass Boy die Hälfte seiner Ferien bei seinem Vater verbringen dürfe. Allerdings wies die Richterin den Vater an, “seinen Sohn nicht zu küssen”.
Das geheime Familiengericht ließ keine Beweise zu, mit denen Mutti beweisen wollte, dass ihr Sohn von seinem Vater und anderen Männern missbraucht wurde. Das Gericht ließ auch keine Sachverständigenaussagen zu. Mutti fürchtete um die Sicherheit von Boy und sich selbst: „Ich könnte ins Gefängnis kommen“. Ihr Sohn wurde in einer Pflegefamilie untergebracht und sie lief Gefahr, das Sorgerecht zu verlieren.
Der drastische Rettungsplan
Als alle formalen und rechtlichen Möglichkeiten erschöpft waren, um das Kind zu schützen und den mutmaßlichen satanischen rituellen Missbrauch zu untersuchen — und die Behörden es versäumt hatten, sich um das Wohl des Jungen zu kümmern — schmiedete Mutti einen Plan. Sie wollte bis zum Äußersten gehen, um ihr Kind in Sicherheit zu bringen.
Das war der Anfang der Anglesey-Entführung, die in den Medien als “Entführung mit einem Messer” bezeichnet wurde, getätigt von einer “Bande von Entführern”, die den achtjährigen Jungen in Anglesey, einer Insel an der Nordwestküste von Wales, entführt haben.
Die Presse verschweigt, dass die Mutter eine zentrale Rolle bei der Planung der Entführung gespielt hat. Beteiligt waren auch andere Bekannte des Kindes, ein Therapeut und ein psychiatrischer Krankenpfleger, die, wie Wilfred Wong, viele SRM-Überlebende beraten haben.
Von der Polizei eingesperrt
Wilfred Wong hatte den Reifen des Autos der Pflegemutter zerstochen, um sie an der Verfolgung zu hindern, und war dann mit drei “Entführern” in einem Mietwagen mit gefälschten Nummernschildern geflohen. Er saß mit einem der Entführer auf dem Rücksitz, Boy saß zusammengekauert im Fußraum, um nicht frühzeitig entdeckt zu werden. Es war geplant, dass Mutti mit ihrem Sohn über Frankreich ins Ausland fliehen sollte, um zu verhindern, dass Boy zu seinem Missbraucher zurückkehren würde.
Doch man erreichte das Ziel nie. Nachdem sie Hunderte von Kilometern zurückgelegt hatten, wurden die Entführer von der Polizei gefasst und verhaftet. Das Kind wurde über einen Sozialarbeiter wieder der Pflegemutter übergeben. Insgesamt acht Personen wurden in diesem Fall verhaftet, wobei eine Frau freigesprochen wurde und ein anderer Häftling innerhalb von 10 Tagen in der Zelle starb. Offizielle Erklärung: Selbstmord.
> Lesen Sie bald mehr in Teil 3: Robert Friths verdächtiger Selbstmord
Entführung oder Rettungsaktion?
Der britische Journalist Richard Carvath, der behauptet, „die ganze Geschichte“ zu kennen und der eng mit deutschen Journalisten zusammenarbeitet, die die Akte in die Hände bekommen haben, erklärt, dass es sich nicht um eine gewaltsame Entführung, sondern um eine „Rettungsaktion“ handelte. „Aus den mir vorliegenden Beweisen geht eindeutig hervor, dass das Kind – sobald es verstanden hatte, was geschah – innerhalb weniger Minuten nach seiner ‚Entführung‘ – von ganzem Herzen zustimmte mit dem Rettungsteam mitzugehen, und dass es sehr froh war, seinen staatlichen Entführern (Sozialdienst, Anm. d. Red.) zu entkommen“.
In dem ein Jahr später folgenden Prozess wurde Wilfred Wong im 2021 zu einer Gefängnisstrafe von 19,5 Jahren verurteilt. Die anderen Angeklagten, von denen einige eine enge Beziehung zu dem Kind hatten, wurden verurteilt zu Gefängnisstrafen zwischen 4 und 15 Jahren. Es ist die traurige Bilanz eines erschütternden Sorgerechtsfalls, in dem die Behauptungen der Mutter, ihr Kind sei von seinem Vater und anderen Mitgliedern einer satanischen Sekte missbraucht worden, nicht ernst genommen wurden.
Hohe Strafen und Geheimhaltung
Während der Gerichtsverhandlung wurde sogar eine D-Notice ausgestellt, die die Geheimhaltung bestimmter Informationen vorschreibt. Diese Maßnahme stammt aus dem Ersten Weltkrieg und soll Angelegenheiten die die nationale Sicherheit bedrohen, geheim halten. Die Geheimhaltung und der Einsatz von geheimen Familiengerichten ist in Großbritannien heute eine gängige Praxis bei Sorgerechtsfällen. Offiziellen Berichten zufolge soll dies dem Schutz der Kinder dienen, doch Kritiker behaupten, dass dies vor allem dazu genutzt wird, fragwürdige Fälle hinter verschlossenen Türen zu regeln, die oft nicht dem Wohl des Kindes dienen.
Ein britischer Journalist von UK Column sagte: „Dieser Fall weist alle Merkmale einem von der Regierung kontrollierten Falles im Vereinigten Königreich auf…. Natürlich ist die britische Regierung stark daran beteiligt, Kinder über Geheimgerichte aus ihren Familien zu entfernen. Jeder, der es wagt, diesen Prozess zu verstören, muss damit rechnen, gnadenlos die volle Ladung ab zu bekommen.”
Entführungsplan „das geringere Übel”
Im Gerichtsbericht heißt es, dass Wong ‚falsche Informationen‘ über den angeblichen Missbrauch erhalten habe. “Dies nährte Herrn Wongs bereits gefestigte Überzeugungen darüber, dass SRM (satanischer ritueller Missbrauch) häufig vorkommt.” Er hielt eine Entführung mit einem Messer für “das geringere Übel”.
Die Daily Post schrieb: “Aber ihm ist klar, dass er nicht alles was ihm gesagt wurde, hätte akzeptieren sollen.” Einem anderen Entführer wurde ebenfalls nachgesagt, er habe sich aus “unbegründeter Sorge” um das Wohl des Kindes auf den Entführungsplan eingelassen. Ein anderer wurde angeblich dazu gebracht, dem Plan zuzustimmen, nachdem man ihm “erschütternde Zeichnungen von sexuellem Missbrauch des Kindes“ gezeigt habe.
In diesem Prozess bekamen die Geschworenen nie die Zeichnungen mit den grausigen Texten in der Kinderhandschrift von Boy zu sehen. Die Akte mit den Untersuchungsberichten, den Kinderzeichnungen und dem von der Mutter geführten Tagebuch hatte sie jedoch lange vor der Entführung sichergestellt. Sie befindet sich nun in den Händen mehrerer ausländischer Journalisten. Deutsche Journalisten arbeiten an einem Buch und einem Dokumentarfilm, die nach Angaben des britischen Journalisten Carvath, der mit ihnen zusammenarbeitet, im Herbst veröffentlicht werden sollen.
1) Aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre und wegen der Klausel in Abschnitt 45, die die Anonymität des Kindes verlangt, haben wir die Namen der Mutter und des Jungen fiktiv dargestellt. Wir bezeichnen die Mutter als Mutti und den Jungen als (Anglesey) Boy.
2) Zitat aus der Zeichnung des Kindes, in der Boy sowohl zeichnerisch als auch schriftlich bezeugt, dass er sowohl oral als auch anal vergewaltigt wurde.
- Der mutmaßliche Selbstmord des “Entführers” Robert Frith.
- Journalisten im Fall verhaftet oder eingeschüchtert.
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- Wird ein Appell zur Gerechtigkeit führen?